Sie gehen für „die Freiheit“ und für „Frieden“ auf die Straße. Schon vor dem Herbstbeginn hofften Querdenkende und Rechtsextreme auf einem „heißen Herbst“. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine beschränkte sich der Protest der beiden Spektren schon nicht mehr alleine auf die staatlichen Pandemiemaßnahmen. Die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise könnten zu einer explosiven Stimmung führen. Bereits zuvor hetzten Querdenkende in den Telegrammkanälen schon gegen „den Wahn“, dass das Klima durch die menschlichen Lebens- und Produktionsweisen nachhaltig beeinflusst würde.
Die Proteste der Querdenkenden waren gerade im Westen nicht von Rechtsextremen getragen, sondern von einer bürgerlichen Mitte mit alternativem Habitus. Reichsflaggen standen neben Regebogenfahnen im Wind. Wer sich für den Schutz von Natur und Tieren engagiert, sich für alternative Medizin und Schulen interessiert, oder vegane Ernährung und spirituelle Praxen lebt, muss nicht frei sein von rechtem Gedankengut und verachtenden Verschwörungserzählungen. Eine rohe Bürgerlichkeit könnte auch wegen den Belastungen durch den Krieg weiter durchbrechen.
Im Vortag hinterfragt Andreas Speit Werte und Vorstellungen in alternativen Milieus, stellt Ambivalenzen vor und benennt Grenzüberschreitungen.
Kurzvita:
Andreas Speit ist Journalist und Autor und schreibt regelmäßig für die taz (tageszeitung). Seit 2005 ist er Autor der Kolumne „Der rechte Rand“ in der taz-nord, für die er 2012 mit dem Journalisten-Sonderpreis „Ton Angeben. Rechtsextremismus im Spiegel der Medien“ ausgezeichnet wurde. Regelmäßig arbeitete er für Deutschlandfunk Kultur und WDR. Er veröffentlichte zuletzt die Werke: „Verqueres Denken – Gefährliche Weltbilder in alternativen Milieus“ (2021) „Rechte Egoshooter“ (Hg. mit Jean-Philipp Baeck, 2020), „Völkische Landnahme“ (mit Andrea Röpke, 2019), „Die Entkultivierung des Bürgertums“ (2019).“