Zur Verschränkung von Antisemitismus und Antifeminismus

Am 10.11. lädt das Offene Antifa Café Bochum im Rahmen der Aktionswochen gegen Antisemitismus zu einem Vortrag zu den Verbindungen von Antisemitismus und Antifeminismus ein!
Insbesondere in modernen Verschwörungsmythen, die in sich bereits als strukturell antisemitisch zu bewerten sind, finden wir immer wieder auch Verknüpfungen mit sexistischen, misogynen und antifeministischen Vorstellungen. Das ist insofern wenig verwunderlich, als dass Antifeminismus und der moderne Antisemitismus gemeinsame Wurzeln haben, die bis ins 19. Jahrhundert zurück reichen. Im Vortrag werden diese historischen und ideologischen Verknüpfungen ausgearbeitet und in Bezug zu aktuellen Verschwörungserzählungen gesetzt. Ebenso wird es darum gehen, inwiefern Jüdinnen und Juden sowie Feminist*innen im Rechtsterrorismus als Feindbilder verknüpft und zur Legitimation von Gewalt genutzt werden.
Im Anschluss gibt es wie immer Küfa gegen Soli und gemütlichen Kneipenabend.
Wo? Soziales Zentrum Bochum, Josephstr. 2 44791 Bochum
Wann? Einlass ab 18 Uhr, Vortrag ca. 19 Uhr
Hinweis: Es gilt die 2-G-Regel. Bitte haltet euren Nachweis über Impfung/Genesung bereit!

Unser Redebeitrag vom 15.05.21 GEGEN JEDEN ANTISEMITISMUS

In diesem Jahr feiern wir 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Obwohl die Lebensgeschichten von Menschen jüdischen Glaubens seit unzähligen Generationen eng mit Europa und Deutschland verbunden sind, werden Jüdinnen und Juden weiterhin als „nicht zugehörig“ empfunden. Ja mehr noch: immer wieder wurden sie verfolgt, verleumdet und in Pogromen ermordet. 

Unter der NS-Terrorherrschaft wurden 6 Mio Jüdinnen und Juden systematisch vernichtet. Doch wer glaubte, dass durch diesen millionenfachen Mord der Antisemitismus endgültig diskreditiert sei, irrt. „Die Deutschen werden den Juden Auschwitz nie verzeihen“, so der israelische Psychoanalytiker Zvi Rex. 

Wieviel Wahrheit in diesem Zitat steckt, zeigt sich in dem unter der Pandemie wieder erschreckend erstarkendem Antisemitismus. Im Jahr 2020 wurden 2275 antisemitische Straftaten gezählt und die Dunkelziffer muss um ein Vielfaches höher sein. Getreu dem alten Brunnenvergiftungs-Mythos, müssen auch aktuell Jüdinnen und Juden wieder als Schuldige, diesmal einer Pandemie herhalten. Die antisemitisch aufgeladenen Verschwörungserzählungen der Querdenken-und Co-Szene, die durch das Tragen von sogenannten Judensternen mit der Aufschrift „ungeimpft“, sowie unsägliche Anne-Frank-Vergleiche zu einer weiteren Relativierung des Holocaust beitragen, sind wesentlich mitverantwortlich für die zunehmende Enttabuisierung antisemitischer Denkmuster und daraus resultiernder Strafttaten.  

Die momentanen gewalttätigen Auseinandersetzungen im Nahen Osten werden als Begründung dafür missbraucht antisemitische Stereotypen  öffentlich zu kommunizieren und legitimieren vermeintlich die sich bahnbrechende Gewalt gegen jüdische Einrichtungen. Als hätten die Menschen hier die Politik im Nahen Osten zu verantworten….

Auch wird aktuell deutlich, wie der moderne Antisemitismus als vermeintliche „Israelkritik“ daherkommt. Die weltweite Obsession, während militärischer Konflikte einseitig mit dem Finger auf Israel zu zeigen und den Staat zu dämonisieren, wird dieser Tage besonders deutlich. Dafür wird sich leichtfertig mit einer Terrororganisation solidarisiert, welcher das Leben der palästinensischen Zivilbevölkerung schlicht egal ist. Hierdurch wird der Hamas  zur Rolle als global player verholfen, mit der Friedensverhandlungen zu führen seien.

Vergessen wird bei dieser Diskussion gerne, dass die Terrororganisation Hamas nicht an einer friedlichen Lösung interessiert ist. Die Hamas macht kein Geheimnis daraus, dass ihr oberstes Ziel die Vernichtung Israels und die Ermordung aller dort lebenden Jüdinnen und Juden ist. Ebenfalls profitiert die Hamas   von den gewalttätigen Auseinandersetzungen, weshalb sie aus machtpolitischem Kalkül die militärischen Gegenaktionen Israels bewusst provoziert.  Das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung nimmt die Hamas billigend in Kauf. Vergessen dürfen wir auch nicht, dass der Staat Israel unter einer dauerhaften existenziellen Bedrohung, z.B. durch iranische Langstreckenwaffen steht und auch nicht, dass arabische Israelis nach den israelischen Gesetzen gleichberechtigte Staatsbürger*innen sind, die in Israel umfassendere Rechte besitzen, als Palästinenser*innen in den umliegenden Staaten wie Libanon und Syrien. Gerne wird auch übersehen, das Israel über eine der wenigen Demokratien in dieser Region verfügt, während beispielsweise der türkische Despot Erdogan sich erdreistet, Israel  als „Terrorstaat“ zu bezeichnen, und damit von dem antidemokratischen Umbau im eigenen Land ablenken will. Stets mitzudenken gilt in dieser Diskussion, dass Jüdinnen und Juden im Nahen Osten ohne den Staat Israel dem Vernichtungswillen beinah aller umliegenden Staaten ausgesetzt sind. Israel gewährt Jüdinnen und Juden den größtmöglichen Schutz, garantiert Frauen und LGBTIQ-Rechte für Menschen jeglicher Ethnie und religiöser Zugehörigkeit.

Was hat die vermeintlich falsche Politik Israels mit den hier lebenden Jüdinnen und Juden zu tun? Warum entlädt sich gewalttätiger Antisemitismus auf unseren Straßen als Reaktion auf die Politik in einem weit entfernten Staat? Nach 1700 Jahren Jüdischen Lebens in Deutschland?

Dies ist kein „importierter Antisemitismus“, hier handelt es sich um  strukturellen, in Deutschland gängigen Antisemitismus! Wer nur den muslimischen Antisemitismus wahrnimmt, ignoriert konsequent Forschungs- und Umfrageergebnisse über Antisemitismus in Deutschland. Auch Teile der Linken relativieren Faschismus und israelbezogenen Antisemitismus, wenn es um Kritik an Israelischer Politik geht. Das ist einfach nur widerlich und ekelhaft! 

Jeder Mensch hat das Recht auf ein friedliches Leben in Sicherheit, Freiheit und Würde! Jeder Mensch! Ohne Ansehen von Identität und Zugehörigkeit! 

Wir stehen  an der Seite der jüdischen Gemeinde in Bochum und anderswo. Wir solidarisieren uns mit Jüdinnen und Juden die bedroht werden, wenn Synagogen angegriffen  werden, oder wenn  Hamas-Sympathisant*innen unter dem Deckmantel der „Israel-Kritik“ durch Bochum marschieren. 

Gegen jeden Antisemitismus!

Zeitzeuginnengespräch – Jüdischer und kommunistischer Widerstand gegen Hitler

Am Mittwoch, den 23.11. laden wir ab 18:30 Uhr zum Zeitzeuginnengespräch mit Margret Rest und Alice Czyborra ins Soziale Zentrum ein. Hierzu verfassten unsere Gäste folgenden Ankündigungstext:

„Kurz nach der Machtübergabe an Hitler am 30. Januar 1933 begann die massenweise Verhaftung von Hitlergegnern. Durch die Gestapo verhaftet wurden viele Gewerkschafter, Kommunisten, Sozialdemokraten, Christen. Sie hatten vor Hitler gewarnt, versucht, das faschistische Regime zu verhindern, unter ihnen zahlreiche Männer und Frauen aus Arbeiterfamilien.

19 Jahren alt war Willi Rattai, als er im Sommer 1933 in Essen verhaftet wurde. Die Gestapo warf ihm vor, illegales Material gegen Hitler und die Nazis verbreitet zu haben. Er wurde gefoltert, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu über zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die er im Bochumer Gefängnis abgesessen hat. Unmittelbar nach seiner Entlassung wurde er ins Konzentrationslager verschleppt. Mehrere KZs hat Willi Rattai durchlaufen müssen.

Auch Peter Gingold hatte sich schon vor 1933 gegen die aufkommende faschistische Gefahr engagiert. 17 Jahre alt war Peter, als er im Sommer 1933 mit seiner jüdischen Familie nach Frankreich emigrierte. Mit der Besetzung Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht holte ihn der faschistische Terror wieder ein. Peter Gingold und seine Frau Ettie schlossen sich dem französischen Widerstand, der Résistance, an. Peter Gingold fiel durch Verrat in die Hände der Gestapo.

Margret Rest wird über Widerstand und Verfolgung ihres Vaters Willi Rattai erzählen und Alice Czyborra über ihre Eltern Ettie und Peter Gingold. Margret und Alice werden auch über sich selbst sprechen, wie sie nach 1945 als Kinder und Jugendliche, als Töchter von Kommunisten und „Vaterlandsverrätern“ die Zeit des Kalten Krieges erlebt haben“

Mittwoch, den 23.11.2016 im Sozialen Zentrum Bochum, Josephstraße 2
Beginn: 18.30 Uhr, Vortrag: 19 Uhr
Wie immer gibt es KüFa gegen Spende.