Der Internationale feministische Kampftag ist kein Tag zum Feiern, denn noch immer müssen wir Tag für Tag für unsere Rechte kämpfen.
Die Ereignisse der letzten Jahre haben uns wieder einmal gezeigt, dass mühsam erkämpfte grundlegende Rechte uns auch wieder genommen werden können. Nichts ist sicher: unsere Körper, unsere Gesundheit, unsere sexuelle Selbstbestimmung, unsere Bildung, unsere gesellschaftliche und politische Teilhabe und nicht zuletzt unsere Zukunft.
Schauen wir in den Iran, wo FLINTA seit der islamischen Revolution seit mehr als vier Jahrzehnten für ihre verlorenen Rechte kämpfen und dabei – von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbemerkt – täglich ihr Leben riskieren. Erst nach dem gewaltsamen Tod von Jina Mahsa Amini hat die Welt für einen kurzen Moment hingesehen, und das ist wichtig, denn unsere Aufmerksamkeit rettet Menschenleben.
Wir sind erschüttert über die Giftanschläge auf Mädchenschulen und die brutalen Übergriffe regierungstreuer Milizen auf verzweifelte Eltern.
Hier geht es um das Recht auf Bildung für Mädchen, aber auch um Einschüchterung und Rache. Denn es waren die Mädchen, die lautstark und beharrlich protestierten, die sich unverschleiert vor die Tafeln stellten und mit Wasserflaschen in der Hand ihre Rektoren aus den Schulen jagten. Dafür verdienen sie unseren größten Respekt – und unsere weitere Aufmerksamkeit.
Schauen wir nach Afghanistan: Hier zeigt es sich, wie schnell mühsam erkämpfte Frauenrechte mit Füßen getreten und zerstört werden. Bildung, Selbstbestimmung, Gesundheit und Zukunft werden hier vollständig genommen. Widerständige FLINTA verschwinden gewaltsam.
FLINTA werden daran gehindert sich frei zu bewegen und zu arbeiten. Auch werden sie von der Arbeit für humanitäre Organisationen ausgeschlossen. Dadurch erhalten sie keinen Zugang mehr zu lebensnotwendiger Unterstützung.
Auch die Hungerkatastrophe in Afghanistan trifft vor allem FLINTA Kinder. Doch nicht nur in Afghanistan:
Bereits 2017 waren 70% der hungernden Weltbevölkerung weiblich gelesen, im letzten Jahr hat die Zahl der hungernden Schwangeren und Stillenden im globalen Süden um 25% zugenommen.
Die Gründe sind bekannt und tief im Patriarchat aber auch in kapitalistischen Strukturen verankert.
Patriarchat und Kapitalismus gehen Hand in Hand, denn die geringere Entlohnung von FLINTA und weiblich markierte Arbeit wird genutzt, um höhere Profite zu erzielen.
Allzu oft werden Hilferufe ignoriert, wenn FLINTA auf Plantagen oder in Fabriken und Nähereien sexueller Gewalt ausgesetzt sind, und selbst minimale Arbeitsschutzmaßnahmen werden nicht umgesetzt. Es wird sogar mit dem Verlust des Arbeitsplatzes gedroht, wenn Arbeitsschutz eingefordert oder über sexualisierte Gewalt gesprochen wird.
All das ist bekannt, und doch mussten erst 1136 Menschen in Bangladesch sterben, bevor die Welt auch nur einen kurzen Blick auf das Elend derer warf, die dafür sorgen, dass wir billig schicke Klamotten haben oder auch im Winter jedes Obst und Gemüse der Welt bekommen.
Ein wahrscheinlich gut gemeintes Lieferkettengesetz wird gerade wieder von den Industriebossen ausgehöhlt – zum Kotzen. Was ist ein Feminismus wert, der zulässt, dass am unteren Ende die FLINTA des globalen Südens ausgebeutet werden?
Aber auch in der westlichen Welt erleben wir, wie reaktionäre und konservative Kräfte FLINTA ihre Rechte nehmen.
So wurde in Polen und den konservativ regierten Bundesstaaten der USA ein Schwangerschaftsabbruch nahezu unmöglich gemacht. In Polen führte dies bereits zu Todesopfern.
Letztlich wird hier nicht nur das Recht auf den eigenen Körper genommen, sondern auch die Gesundheitsversorgung für FLINTA eingeschränkt …..
Doch lasst uns nicht nur auf andere zeigen – Abtreibung ist in Deutschland noch immer eine Straftat und nur unter besonderen Indikationen bis zur 12. Woche straffrei… Reaktionäre Kräfte und christliche Fundamentalist*innen haben dafür gesorgt, dass es in manchen Regionen Deutschlands nahezu unmöglich ist, eine Klinik für eine Abtreibung zu finden.
Auch die Gewalt gegen FLINTA hat in den letzten Jahren in Deutschland stark zugenommen, noch immer stirbt jeden dritten Tag eine FLINTA durch ihren Ex- oder Partner. Und auch die wirtschaftliche Gleichstellung ist hierzulande noch lange nicht erreicht, so dass FLINTA u.a. häufiger von Altersarmut betroffen sind.
Feministische Außenpolitik steht für Gleichberechtigung, Mitbestimmung und Teilhabe. Während in Deutschland jetzt immerhin Leitlinien für eine feministische Außenpolitik entwickelt wurden, wurde diese in Schweden von der neuen rechtskonservativen Regierung wieder abgeschafft.
Das mag angesichts der weltweiten Gewalteskalation harmlos erscheinen, zeigt aber: Wenn konservative und reaktionäre Kräfte an die Macht kommen, sind Frauenrechte die ersten, die unter die Räder kommen.
All das zeigt uns, dass unsere Rechte keineswegs selbstverständlich sind, sondern immer wieder verteidigt und erkämpft werden müssen – sei es durch internationale Solidarität und Aufmerksamkeit oder hier in Deutschland im Kampf gegen die AFD und reaktionäre Kräfte wie CDU und FDP, wie die neue konservative Denkfabrik R21, die eine angebliche „Wokeness“ bekämpfen will, oder im Kampf gegen christliche und andere religiöse Fundamentalist*innen.
„Die Macht einer Frau, ihren eigenen Körper zu kontrollieren, entscheidet mit darüber, wie viel Kontrolle sie in anderen Bereichen ihres Lebens hat“, heißt es in einem UN-Bericht.
Millionen von Mädchen und FLINTA weltweit haben diese Selbstbestimmung nicht. Daher funktioniert der Machterhalt des Patriarchats über die Kontrolle des weiblichen Körpers. Oder um es mit den Worten der iranischen Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Masih Alinejad zu sagen:
„Sie haben Angst vor meinem Haar, sie haben Angst vor meiner Stimme, sie haben Angst vor meinem Körper. Ich als Frau kann ein ganzes Regime verängstigen.“
In diesem Sinne: Nur gemeinsam können wir für unsere Rechte eintreten. Lasst uns unsere Kämpfe verbinden. Lasst uns heute und jeden Tag laut sein für weltweite Rechte für FLINTA, für ein Recht auf Selbstbestimmung für alle Menschen und gegen kapitalistische Ausbeutung und patriarchale Unterdrückung kämpfen! Lasst uns unruhig bleiben!
Wir vom Offenen Antifa Café Bochum wollen allen, die sich uns im Kampf für Gleichberechtigung, Teilhabe und Menschenrechte anschließen, eine Plattform bieten. Meldet euch bei uns, wenn ihr einen Ort für Veranstaltungen braucht. Solidarität ist unsere Waffe. Für einen Feminismus, der für die Befreiung aller Menschen steht!